Karl Lamprecht (1856-1915) war einer der bekanntesten und profiliertesten deutschen Historiker des ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts.
Er studierte in Leipzig und Göttingen Geschichte, habilitierte sich 1880 in Bonn und war an der Rheinischen-Friedrich-Wilhelms-Universität zunächst als Privatdozent, ab 1888 als Extraordinarius tätig.
1890 erhielt er einen Ruf nach Marburg, 1891 einen Ruf an die Universität Leipzig, wo er bis zu seinem Tod 1915 wirkte.
Lamprecht betonte in seinen Forschungen und in seinen Veröffentlichungen, speziell in seiner zwischen 1891 und 1909 erschienenen "Deutschen Geschichte", die Bedeutung der Kulturgeschichte und der materiellen Voraussetzungen für die gesetzmäßige Entwicklung von Völkern und Gesellschaften.
Dadurch löste er in Deutschland einen Methodenstreit der Geschichtswissenschaft aus, in dessen Verlauf zahlreiche Historiker gegen Lamprechts Auffassungen Stellung bezogen und in der Tradition Leopold von Rankes das Primat der Politik- und Personengeschichte betonten.
Karl Lamprecht gilt heute als einer der Begründer der Wirtschafts- und Sozialgeschichte. Weitere wichtige Betätigungsfelder waren die Landesgeschichte, die Hochschulpädadogik und die Auswärtige Kulturpolitik.
Bei seinem Tod 1915 hinterließ Karl Lamprecht einen umfangreichen wissenschaftlichen Nachlass. Dieser wurde 1920 nach Schloss Walbeck (Kreis Geldern) gebracht, wo seine ältere Tochter Marianne seit 1920 als Ehefrau des Besitzers Walther Friedrich Klein-Walbeck lebte.
1931 und 1933 wurden kleine Teile des Nachlasses an das Leipziger Institut für Universalgeschichte geschickt, wo sie im Krieg entweder verbrannten oder schwer beschädigt wurden.
Der in Walbeck verbliebene bzw. teilweise ausgelagerte Bestand erlitt im Zweiten Weltkrieg gleichfalls Schäden durch Brandbomben und Wasser.
Nach dem Tod von Marianne Klein-Walbeck (geb. Lamprecht) 1946 gelangte der Nachlass in den Besitz ihrer jüngeren Schwester Else Rose-Schütz (geb. Lamprecht). Ein Teil des Nachlasses war zum damaligen Zeitpunkt allerdings abgesprengt und verblieb auf Schloss Walbeck, vereint mit dem Familienarchiv Klein-Walbeck.
Die Universitäts- und Landesbibliothek Bonn hat den Nachlass von Karl Lamprecht zwischen 1957 und 2012 in insgesamt drei Tranchen erhalten.
Der bei Else Rose-Schütz verbliebene Hauptnachlass (Tranche 1) wurde 1957 an die Bonner Universitätsbibliothek verkauft. Ein sehr kleiner Teil verblieb noch in Familienbesitz.
Der auf Klein-Walbeck verbliebene Nachlassteil (Tranche 2) gelangte 1996 als Depositum in das Kreisarchiv Kleve. 2010 wurde dieser Nachlassteil an die Universitäts- und Landesbibliothek Bonn abgegeben. Im Kreisarchiv verblieben lediglich die Positionen, die der Sache und der Provenienz nach in das Familienarchiv Klein-Walbeck gehören.
Im Jahre 2012 erhielt die ULB Bonn die noch in Familienbesitz befindlichen Briefe (Tranche 3).
In einem durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft geförderten zweijährigen Projekt wurde der gesamte Nachlass in HANS neu erschlossen und in Kalliope nachgewiesen.
Zusätzlich wurden zunächst etwa zwei Drittel der Dokumente digitalisiert und sind in den Digitalen Sammlungen der ULB online zugänglich.