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Kettenbücher aus dem Minoritenkloster Koblenz

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Inc 831 © ULB Bonn

Zur Geschichte des Klosters

Einer Theorie nach gründete Hermann von Helfenstein (gest. 1294), er selbst trat urkundlich von 1263 bis 1294 auf, 1236 das Franziskanerkloster in Koblenz. [1] Das Kloster muss allerdings schon vor der Nennung von Hermann von Helfenstein existiert haben. Denn 1236 erwähnte Propst Gerlach von St. Kastor in seinem Testament sowohl das Franziskaner- als auch das Dominikanerkloster in Koblenz. [2]

1246 kam es zu einem Vergleich zwischen dem Franziskanerkloster und dem Zisterzienserkloster Walkenried. Dabei erhielten die Koblenzer Franziskaner für ihre Bauten eine Schenkung (Geld) von Rainer von Lützel-Koblenz. [3]

1257 bestätigte Papst Alexander IV. in einem Ablassbrief für das Kloster den Baubeginn der Klosteranlage und der Kirche. [4] Daraus könnte man also ableiten, dass sich das Kloster seit 1246 im Bau befand.

Laut einer Lehnsurkunde vom 25. November 1250 von Theoderich dem Jüngeren von Isenburg (1211-1254) für den Ritter Eckbert von Metternich war das Kloster ab 1250 zumindest teilweise bewohnbar. [5]

Jakob von Sierck, Erzischof von Trier (1398-1456), veranlasste am 15. August 1451 mit Unterstützung des päpstlichen Legaten eine Regelreform für die Franziskaner in Koblenz.[6]

Doch auch vorher versuchte der Erzbischof, die Brüder des Franziskanerklosters zu reformieren. Die Franziskaner in Koblenz lebten zwar nach den Regeln des Franziskanerordens, gehörten aber nicht zu dem strenggläubigen Zweig der Observanten.

Da ein Großteil der Brüder jedoch nicht nach der durch Jakob von Sierck aufgelegten Observanz leben wollte und weiter zu den liberalen Konventualen gehören wollten, zwang der Trierer Erzbischof sie 1451 schlussendlich zum Auszug aus dem Kloster.

Die Koblenzer Franziskaner mussten ihr Kloster räumen, um Platz für die Observanten zu machen. Die nun obdachlosen Konventualen blieben allerdings nicht untätig und versuchten ihr Kloster wiederzubekommen. Jedoch erfolglos.

1451 vermachten die Observanten ihren ganzen Besitz dem Stadtrat von Koblenz. Dieser verteilte den Besitz an das Hospital zum Heiligen Geist und an die Liebfrauenkirche. [7]

Am 05. Januar 1462 erhielten die Koblenzer Observanten Franziskaner ein päpstliches Privileg, welches die Gestaltung ihrer Gottesdienste vorgab. Die Koblenzer Observanten entwickelten sich schnell zu den Trägern der reformerischen Bemühungen in Trier. [8]

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Inc 279 © ULB Bonn
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Gb 965 (2) © ULB Bonn

Im pfälzischen Erbfolgekrieg wurde das Kloster trotz französischer Schutzversprechen 1688 durch französische Truppen zerstört, danach zwischen 1693 und 1696 wiederaufgebaut. [9]

Im Zuge der französischen Säkularisation links des Rheins wurde das Kloster 1802 geschlossen. [10]

Die Klosterbibliothek wurde in die Gymnasialbibliothek in Koblenz eingebracht. 1805 veranlasste Napoleon in einem Dekret die Umwandlung des Klosters in ein Hospital für und in ein „Internat für Irre“. [11]

1821 vermachte die Gymnasialbibliothek die Bücher des Franziskanerklosters aus Koblenz der Universitäts- und Landesbibliothek Bonn.

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Gb 176 (1.2) © ULB Bonn

Selektion der Bücher des Minoritenklosters

Im Akzessionsjournal der Universitäts- und Landesbibliothek Bonn von 1821 sind die übernommenen Bücher der Gymnasialbibliothek Koblenz gelistet. Die Vorgehensweise bestand darin, zunächst die Bücher des Franziskanerklosters aus dem Akzessionsjournal herauszusuchen.

Im Bestand der Gymnasialbibliothek befand sich eine Vielzahl verschiedener Bücher theologischen und rechtsgeschichtlichen Inhalts

Besonders interessant waren die auffällig vielen Kettenbücher im Bestand, in Form von frühen Drucken, Inkunabeln und Handschriften. Diese waren, wie der Name schon verrät, mit Ketten in der Bibliothek befestigt, um Diebstahl vorzubeugen.

Die Franziskanerbrüder kennzeichneten ihre Bücher in der Regel entweder vorne oder hinten mit den folgenden Bezeichnungen in verschiedenster Kombination: „conventus confluentia recollectorum“ oder mit dem Zusatz „minorum“. Im Konvolut der Kettenbücher lässt sich dieser Vermerk bei 73% der Bücher finden.

Exlibris: Franziskanerkloster Koblenz
Exlibris: Franziskanerkloster Koblenz © ULB Bonn
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Gm 114 (1) - Kettenbefestigung © ULB Bonn

Erkennungsmerkmale

Die Bücher der Franziskanerbibliothek wurden genauer untersucht, um herauszufinden, bei welchem davon es sich um ein Kettenbuch handeln könnte. Das Erkennungsmerkmal der Kettenbücher ist die Kettenbefestigung an der Rückseite des Buches. Diese wurde mit einem oder mehreren Nägeln am Rückdeckel des Buches befestigt.

Da der Zustand der der Bücher teilweise wohl sehr schlecht war,  wurden bei der Übernahme im Jahr 1821 eine Vielzahl der Kettenbücher neu eingebunden. Dabei wurde der komplette Originaleinband entfernt, wie auch wichtige Merkmale wie z.B. die Kettenbefestigung.

Hinzu kommen Restaurierungen in den 70er und 80er Jahren des 20. Jh., bei denen nicht erkannt wurde, dass es sich um ehemalige Kettenbücher handelt. Hier wurden in einigen Fällen ebenfalls Merkmale unwissentlich ,,wegrestauriert“.

Bei manchen dieser Bücher sind Rostflecken, die sich aufgrund der metallenen Kettenbefestigung auf den letzten Seiten des Buchblocks gebildet haben, der einzige Hinweis, um ein Buch als ehemaliges Kettenbuch identifizieren zu können.  

Bestand

Im Folgenden wurden 96 Bücher des Klosters genauer untersucht, wobei 66,6% der Bücher ein Titelschild besitzen und etwa 49% der Bücher noch die Signatur der Franziskaner auf dem Buchrücken aufweisen.  

Bei 38,5 % der Bücher befindet sich eine noch ältere Signatur direkt über dem Titelschild.

Mit großer Wahrscheinlichkeit wurden die Bücher im Kloster gebunden, mit Buckeln (57,3% der Bücher) versehen und die Einbände mit Prägemotiven (79,2% der Bücher) verziert. 

Diese Annahme wird dadurch unterstützt, dass sich gleichaussehende Stempelmotive, wie zum Beispiel Heiligendarstellungen oder Herzen und Löwen immer wieder auf den Einbänden der Franziskanerbücher finden lassen.

Einige Exemplare (10,4%) besitzen Lederverstärkungen am Buchrücken, die durch Metallbeschläge an den Büchern befestigt waren. Das Äußere der Bücher wirkt durch die zusätzlichen Verstärkungen, Beschläge, großen Buckel und dekorativen Stempel archaisch.

Neben Notizen, die sehr wahrscheinlich von den Mönchen des Franziskanerklosters stammen, enthalten 55,2% der Bücher Blattweiser.

(K. Reuter)

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S 1671 © ULB Bonn

Abbildungen

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Gb 965 (2) - Buchrücken © ULB Bonn
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Inc 1012 - Kettenbefestigung © ULB Bonn
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Inc 279 - Rostfleck © ULB Bonn
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Inc 1182 - Rückstände Kettenbefestigung © ULB Bonn

Anmerkungen

[1] Kölsche Ordensprovinz der Franziskaner, S.81.
[2] Schmidt: Quellen 1, Nr.73.
[3] Deutschordenszentralarchiv (DOZA) Urkunden 314, in: monasterium.net.
[4] Kölsche Ordensprovinz der Franziskaner, S.81.
[5] MRUB, Nr.1077.
[6] Bettelorden in Trier, S.359.
[7] Geschichte Stadt Koblenz 1, S.224.
[8] Geschichte Stadt Koblenz 1, S.224.
[9] Geschichte Stadt Koblenz 1, S.224.
[10] Geschichte Stadt Koblenz 2, S.423.
[11] Geschichte Stadt Koblenz 2, S.257.

Literaturverzeichnis

  • „Geschichte der Stadt Koblenz. 1, von den Anfängen bis zum Ende der kurfürstlichen Zeit“, hg. v. Ingrid Bátori/Energieversorgung Mittelrhein GmbH, Koblenz 1992.
  • „Geschichte der Stadt Koblenz. 2, von der französischen Stadt bis zur Gegenwart“, hg. v. Ingrid Bátori/ Energieversorgung Mittelrhein GmbH, Koblenz 1993.
  • Schmidt, Hans-Joachim: „Bettelorden in Trier. Wirksamkeit und Umfeld im hohen und späten Mittelalter“, Trier 1986. (Trierer Historische Forschungen Bd.10).
  • Kölnische Franziskanerprovinz der Heiligen Drei Könige: „Kölnische Ordensprovinz der Franziskaner von den hl. Drei Königen. Die Häuser der Provinz in ihrer Geschichte“, Düsseldorf 1989.
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